Die Vogelgrippe / Geflügelpest in Deutschland

Keine Gefahr für Katzen und Hunde


Dr. Michael Niepel

Horn-Bad Meinberg


Freilebende Wasservögel sind weltweit Träger und Überträger des Influenza A Virus. Sie selbst weisen relativ selten die typischen Symptome der Vogelgrippe oder Geflügelpest auf, es kommt in der Regel zu keinem offenen Ausbruch der Krankheiti. Die Übertragung des Virus auf domestiziertes Geflügel führt aufgrund der hohen Populationsdichte insbesondere auf Geflügelfarmen zu einer großen Zahl kranker Tiere.


Übertragen werden die Erreger vor allem über den Kot der erkrankten Tiere, aber auch über das Blut oder Tränenflüssigkeit können die Viren verbreitet werden. Im Kot bleiben die Viren bis zu 35 Tage, in Flüssigmist sogar bis zu 105 Tage infektiösii. Das bedeutet, dass auch ältere Ablagerungen von Vogelkot auf Flächen noch eine relativ hohe Konzentration infektiöser Viren enthalten können.


Menschen können durch intensiven Kontakt mit dem Kot oder Blut infizierter Vögel selbst infiziert werden. In den Gebieten Asiens, in denen seit 2003 Infektionsfälle beim Menschen dokumentiert worden sind, leben Menschen, Geflügel und Schweine teilweise unter für mitteleuropäische Verhältnisse unvorstellbaren hygienischen Bedingungen auf engstem Raum zusammen. Für die Fälle dieses Übergreifens auf den Menschen ist die Influenza A Variante H5N1 verantwortlich. Anders als bei Vögeln, wo die als stark virulent eingestuft wird, ist das Risiko einer Erkrankung beim Menschen äußerst geringiii. Laut Statistik der Weltgesundheitsorganisation (WHO) konnten für den gesamten asiatischen Raum im Jahr 2006 weniger als 100 Erkrankungsfällen beim Menschen nachgewiesen werdeniv. Diese Zahl muss im Vergleich zu den Opferzahlen der Grippe gesehen werden, die alljährlich durch andere Varianten des Influenza A Virus infiziert werden. So schätzt man, dass alljährlich allein in den USA etwa 36000 Personen an der Grippe erkrankte Personen sterbenv; verantwortlich für diese Erkrankungen ist vor allem die Influenza A Virus Variante H3N2. Für Deutschland geht das Robert-Koch-Institut von bis zu 20000 Todesopfern (bei 5 Millionen Infizierten) allein im Winter 2002/2003 ausvi.


Influenza A Viren können von Wildvögeln auf andere Vögel, Schweine, Pferde, Seehunde, Wale und Menschen übertragen werden. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch konnte bisher nicht nachgewiesen werden; sie gilt derzeit als höchst unwahrscheinlichvii. Die gegenwärtige Besorgnis in der Bevölkerung wird durch Spekulationen angefacht, es sei nur eine Frage der Zeit, bis neue Mutationen von H5N1 auch von Mensch zu Mensch übertragen werden können. Für diesen Fall ist mit einer Pandemie zu rechnen. Da diese Virusvariante erst seit kurzer Zeit auf den Menschen übergreift, sind in der Bevölkerung keine Antikörper vorhanden, die das Virus bei einer Infektion unschädlich machen könnten. Aufgrund dieses fehlenden Immunschutzes, wäre bei einem weltweiten Übergreifen des Erregers H5N1 auf den Menschen, mit einer großen Zahl von Opfern zu rechnen. Im Jahr 2005 verstarben ca. 40% der erkrankten Menschenviii. Zu einer Pandemie kann es aber nur kommen, wenn eine Mutation von H5N1 auftritt, die es diesem ermöglicht, sich von Mensch zu Mensch auszubreiten. Ob, wann und wo eine solche Mutation auftreten wird, ist vollständig ungewiss.


Seit 2004 ist bekannt, dass auch Katzen durch Viren der Variante H5N1 infiziert werden können. Zunächst wurden einzelne Beobachtungen von H5N1-Infektionen bei domestizierte Katzen und in einigen Fällen auch bei größeren Raubkatzen gemacht. Eine Gruppe niederländischer Forscher berichtete über Versuche, in denen Katzen über die Atemwege oder durch Füttern mit dem Fleisch erkrankter Tiere infiziert wurdenix. Zunächst gesunde Katzen steckten sich mit dem Virus bei den infizierten Tieren an – es konnte hier also erstmals eine Übertragung von Katze zu Katze belegt werden. Bisher sind keine Fälle von Erkrankungen bei Hunden nachgewiesenx. Aufgrund der hohen Säurekonzentration im Magen des Hundes gilt es als sehr unwahrscheinlich, dass sich ein Hund durch den Verzehr eines infizierten Tieres anstecken kann.


Für den Menschen ist ein Ansteckungsrisiko durch den Verzehr von Geflügelfleisch oder Eiern bei Einhaltung hygienischer Mindeststandards nicht gegeben. In durchgegartem Fleisch und in ausreichend erhitzten Eiern werden die Erreger zuverlässig abgetötetxi. Bei Temperaturen von 70° Celsius wird das Influenza A Virus zerstört. Gleiches gilt für das Infektionsrisiko bei Hunden und Katzen, die mit Fertigfutter – Dosen- oder Trockennahrung - gefüttert werden. Die Wärmebehandlung dieses Futters gewährleistet das Abtöten des Virus selbst dann, wenn Fleisch von infizierten Tieren in das Futter gelangen würde. Durch Verzehr größerer Mengen infizierten Fleisches von erkrankten Vögeln ist eine Infektion von Katzen im Laborversuch nachgewiesen wordenxii. Ausserhalb des Labors ist das Infektionsrisiko aber sehr gering. Katzen, die ausreichend gefüttert werden, jagen als Freigänger zwar auch Vögel, verzehren ihre Beute aber häufig nicht. Katzen erbeuten meist Singvögel – H5N1-Infektionen unter Singvögeln sind jedoch nicht bekannt geworden. Auch Tauben werden gelegentlich von Katzen zur Strecke gebracht. Diese Vögel können zwar an Vogelgrippe erkranken, gelten aber auch als relativ geringes Risiko, da sie unter Laborbedingungen nur mit großen Mengen des Erregers infiziert werden können und da sie selbst nur wenige Viren ausscheidenxiii. Hühner- und Wasservögel dürften nur sehr selten Opfer von wildernden Katzen und Hunden werden.


Frisst eine Katze tatsächlich größere Mengen eines infizierten Vogels, so ist eine Infektion nicht auszuschliessen. Aus diesem Grund erscheinen Empfehlungen vernünftig, in Gebieten, in denen die Vogelgrippe akut auftritt, Katzen im Haus zu behalten. Wenn dies nicht möglich ist, sollten Katzenhalter darauf achten, eventuell auftretende Krankheitssymptome frühzeitig zu entdecken. Als erste Symptome treten Fieber, verminderte Aktivität und Atembeschwerden aufxiv. Im Zweifelsfall sollte man ein auffälliges Tier umgehend dem Tierarzt vorstellen.


Die bisherigen Erkenntnisse über das Ansteckungsrisiko von Katze zu Katze beruhen auf einer sehr kleinen Anzahl von Beobachtungen in einem Laborexperiment. Aufgrund dieser lässt sich nur wenig über die Gefährdung von Katzen sagen, die mit infizierten Artgenossen zusammentreffen. Es ist davon auszugehen, dass von den erkrankten Katzen der Erreger nicht nur über die Atemwege, sondern auch über den Verdauungstrakt ausgeschieden werdenxv. In welcher Konzentration das Virus vorliegen muss, damit ein Infektionsrisiko vorliegt, ist wegen der geringen Zahl der Fälle nicht zu ermitteln. Die Sorge, Menschen könnten sich an infizierten Hunden oder Katzen mit dem H5N1-Virus anstecken, ist unbegründet. So wenig, wie bisher Fälle einer Übertragung von Mensch zu Mensch aufgetreten sind, gibt es Anhaltspunkte dafür, dass das Virus von anderen Säugetieren auf den Menschen übertragen werden könnte. Vorstellbar ist dies allenfalls durch den Verzehr von größeren Mengen infizierten Fleisches, aber auch solche Infektionen sind bisher nicht nachgewiesen worden.


Ein Auftreten der Erkrankung bei reinen Wohnungskatzen ohne Kontakt zu Freigängern erscheint somit fast unmöglich und auch bei Freigängern dürfte das Risiko sehr gering sein. In Einrichtungen des Tierschutzes, wo viele Katzen auf engem Raum zusammenleben, werden ohnehin hohe Sicherheitsstandards bei der Neuaufnahme von Tieren mit unbekanntem Infektionsstatus eingehalten, so dass auch hier zunächst keine besonderen Vorkehrungen getroffen werden müssen. Die Tiere kommen zunächst nicht mit anderen Bewohnern der Einrichtung zusammen, sondern werden in Quarantäneräumen oder -käfigen gehalten. Da das Virus leicht durch Hitze zerstört werden kann, ist kochfeste Wäsche leicht von den Erregern zu befreien.





iArtikel Vogelgrippe. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 23. Februar 2006, 17:51 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Vogelgrippe&oldid=13990561 (Abgerufen: 23. Februar 2006, 17:55 UTC)


iiVgl. Fußnote i


iiiAntworten des Robert-Koch-Instituts auf häufig gestellte Fragen zur Vogelgrippe. Bearbeitungsstand: 22.Februar 2006. URL: http://www.rki.de/cln_011/nn_508514/DE/Content/InfAZ/A/AviaereInfluenza/FAQ.html__nnn=true (Abgerufen: 23. Februar 2006, 18:05 UTC)


ivCumulative Number of Confirmed Human Cases of Avian Influenza A/(H5N1) Reported to WHO. Bearbeitungsstand: 20. Februar 2006. URL: http://www.who.int/csr/disease/avian_influenza/country/cases_table_2006_02_20/en/index.html (Abgerufen: 23. Februar 2006, 18:10 UTC)


vWikipedia contributors (2006). Influenzavirus A. Wikipedia, The Free Encyclopedia. Retrieved 18:20, February 23, 2006 from http://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Influenzavirus_A&oldid=40689830.


viArtikel Influenza. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 23. Februar 2006, 14:57 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Influenza&oldid=13984647 (Abgerufen: 23. Februar 2006, 18:17 UTC)


viiVgl. Fußnote iii


viiiVgl. Fußnote iv


ixThijs Kuiken,* Guus Rimmelzwaan, Debby van Riel, Geert van Amerongen, Marianne Baars, Ron Fouchier, Albert Osterhaus (2004). Avian H5N1 Influenza in Cats. Science, Vol. 306, p. 241.

xVgl. Fußnote i


xiVgl. Fußnote iii


xiiVgl. Fußnote ix


xiiiVgl. Fußnote iii


xivRimmelzwaan GF, van Riel D, Baars M, Bestebroer TM, van Amerongen G, Fouchier RA, Osterhaus AD, Kuiken T. (2006). Influenza A Virus (H5N1) Infection in Cats Causes Systemic Disease with Potential Novel Routes of Virus Spread within and between Hosts. American Journal of Pathology, Vol. 168, 176-183.


xvVgl. Fußnote xiv